Schreiben ist eine Form persönlicher Freiheit (DON DE LILLO)

Herzlich Willkommen auf meinem Blog. Hier möchte ich in unregelmäßigen Abständen meine Gedanken und Positionen zu unterschiedlichen politischen Themen aufschreiben.

4. Februar 2013

Kommentar zur aktuellen Familien-Studie des Bundesfamilienministeriums

Es ist ein Skandal!.....ich kann mich gar nicht beruhigen über die Tatsache, dass das Bundesfamilienministerium tatsächlich eine Studie (auch bezahlt mit den Steuergeldern von Familien) darüber in Auftrag gegeben hat , ob sich Familienleistungen lohnen. WOW! Ich bin sprachlos. Lohnt es sich Liebe, Geborgenheit, Zuwendung, Bindung und Bildung, Werte und Verantwortungsübernahme, Mensch werden in einer Gesellschaft zu ermöglichen, indem man finanzielle Freiräume für Familien schafft? Wie armselig ist eine Gesellschaft, die das tatsächlich diskutieren muss und Familien dazu ökonomisch untersuchen lassen muss auf ihre "Rentabilität". PROVOKANTE FRAGE: "LOHNT" sich nach Ansicht der Auftraggeber einer solchen Studie das Geld, das wir für Altenpflege oder die Betreuung von Menschen mit Behinderung ausgeben???? Wann kommt dazu eine Studie???

Hier der Link zum Beitrag auf SPON

www.spiegel.de/politik/deutschland/verheerende-noten-fuer-familienpolitik-a-881168.html



14. Januar 2013

Meine Rede im Bundesrat am 14.12.2012 anlässlich der Gesetzesinitiative zur Einführung des Betreuungsgeldes



Das Betreuungsgeld: Essentieller Baustein kindeswohlorientierter Familienpolitik

Herr Präsident, meine Damen und Herren!
Ich bitte Sie, dem Gesetzentwurf zur Einführung eines Betreuungsgeldes zuzustimmen. Das Betreuungsgeld ist ein essentieller Baustein kindeswohlorientierter Familienpolitik und deshalb unverzichtbar. Es erweitert die Gestaltungsspielräume für diejenigen Eltern, die die Betreuung ihres ein- oder zweijährigen Kindes familiär leisten oder privat organisieren und deshalb von ihrem ab August 2013 geltenden Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz keinen Gebrauch machen wollen. Es sichert die freie Wahl zwischen Krippenplatz, Tagesmutter, familiennaher Bezugsperson oder persönlicher Betreuung. Es sorgt so – korrespondierend zum Rechtsanspruch – für die notwendige und gesellschaftspolitisch gebotene Balance in der Familienpolitik. Das Betreuungsgeld wurde 2007 von der damaligen großen Koalition vereinbart – mit den Stimmen der SPD!

Diese Leistung war die Bedingung für die Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem ersten Geburtstag. Damals wie heute gilt: Wir wollen den Eltern nichts vorschreiben, sondern unterschiedliche Optionen bieten!
 

Wir wollen Familie ermöglichen und nicht lenken.  Eltern sollen möglichst frei entscheiden können und deshalb brauchen wir das Betreuungsgeld.
Die Besorgnis, das Betreuungsgeld setze bildungs- und integrationspolitische Fehlanreize, ist unbegründet. Entwicklungspsychologen und Hirnforscher weisen seit langem darauf hin: Bindung ist die Basis der ganzen Persönlichkeitsentwicklung. Und diese Basis wird in den ersten Lebensjahren gelegt. Gerade in diesem sensiblen Alter kommt es deshalb in besonderer Weise auf die Bindung zu primären Bezugspersonen an. Auch Bildung baut auf einer verlässlichen Bindung auf. Die emotionale Zuwendung der wichtigsten Bezugspersonen ist jedoch keine Frage des Bildungsabschlusses oder der Herkunft der Eltern! Eltern mit Migrationshintergrund sind genauso gute Eltern wie Eltern ohne Migrationshintergrund. Ärmere Eltern sind genauso gut wie wohlhabendere. Forschungsbefunde weisen auch auf Risiken bei einem zu frühen oder zu langen Krippenbesuch hin. Wenn ein Kind mit Trennungsängsten von seiner Bezugsperson kämpft, helfen kognitive Impulse durch die Krippe wenig.
Der renommierte dänische Familientherapeut Jesper Juul etwa sagt ganz klar: „Wir wissen, dass rund ein Fünftel der Ein- bis Zweijährigen darunter leiden, in die Kita gehen zu müssen, weil sie Trennungsängste haben.“
Es gibt keine pauschalen Antworten auf die Frage, ob und ab welchem Alter die Krippe einem Kind gut tut. Jedes Kind ist anders, jedes Kind hat seine eigene Entwicklung und sein eigenes Tempo. Maßgeblich für die Wahl der richtigen Betreuungsform muss die individuelle Situation des Kindes und der Familie sein. Und das können die Eltern am besten beurteilen.
Das Betreuungsgeld leistet einen zentralen Beitrag, die in Art. 6 Abs. 1 GG verankerte Wahlfreiheit der Eltern zu stärken. Der Gesetzgeber hat die familiären Gestaltungsspielräume in den ersten drei Lebensjahren eines Kindes besonders privilegiert: durch die Elternzeit, das Unterhaltsrecht und die rentenrechtliche Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten.
Mit dem Betreuungsgeld wird das zweite und dritte Lebensjahr des Kindes mit einer Leistung ausgestattet, die Eltern hilft, ihre in der Verfassung und im Arbeits-, Sozial-, Unterhalts- und Rentenrecht geschaffenen Handlungsoptionen ihren Vorstellungen gemäß zu gestalten.
Wir wollen kein Lebensmodell vorschreiben, sondern Alternativen bieten.
Das Betreuungsgeld soll daher weder an den Verzicht auf die Erwerbstätigkeit noch an die Eigenbetreuung der Eltern geknüpft werden, auch wenn leider nach wie vor vielfach das Gegenteil behauptet wird. Deshalb ist das Betreuungsgeld auch so entwaffnend unschuldig. Und deshalb gehen auch die verfassungsrechtlichen Bedenken ins Leere.
Durch das Betreuungsgeld werden
  • keine traditionellen Rollenverteilungen zwischen Frauen und Männern verfestigt,
  • die Familienförderung nicht auf einen bestimmten Typus eingeengt und
  • Eltern nicht von der Erwerbstätigkeit abgehalten.
Demzufolge führt das Betreuungsgeld auch nicht zu einer höheren Armutsgefährdung, sondern ganz im Gegenteil zu einer finanziellen Unterstützung des individuellen Betreuungskonzepts. Mit dem Ausbau der Kinderbetreuungsplätze und der Verankerung des Rechtsanspruchs auf einen Krippen- bzw. Tagespflegeplatz ab dem 2. Lebensjahr wurde ein Schwerpunkt bei den institutionellen Betreuungsangeboten gesetzt.
Mit der Verankerung des Betreuungsgeldes wird in einem zweiten Schritt das Spektrum der den Eltern zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen erweitert und die in Art. 6 Abs. 1 GG verankerte Wahlfreiheit der Eltern gestärkt.


Der erste Gesetzgebungsakt hat daher den zweiten vorprogrammiert. „Entweder oder“ heißt „Lenkung“. „Sowohl als auch“ bedeutet „Wahlfreiheit“. Deshalb brauchen wir beides: den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz und das Betreuungsgeld.
Nach den Vorstellungen der Länder, die die Einberufung des Vermittlungsausschusses fordern, sollen die für das Betreuungsgeld erforderlichen Finanzmittel zusätzlich in den Ausbau der Krippenplätze investiert werden. Sie wollen alles auf die Karte „Krippenausbau“ setzen.
Das ist nicht das, was sich Familien in Deutschland von der Politik erwarten. Familien wollen nicht auf das eine Modell, Kinder möglichst früh und umfänglich in die Krippe zu geben, festgelegt werden. Bayern steht daher für beides: für den dynamischen Ausbau der Betreuung für Kinder unter drei Jahren und das Betreuungsgeld. Eine aktuelle Studie des Allensbach-Institutes [im Auftrag von Bild der Frau und BMFSFJ: „Chancengerechtigkeit durch Förderung von Kindern – Ein deutsch-schwedischer Vergleich“, 2012] kommt zu dem Ergebnis, dass lediglich 27 % der Deutschen der Meinung sind, dass es für die Entwicklung eines Kindes in den ersten drei Lebensjahren am besten ist, wenn es auch eine Kinderbetreuungseinrichtung besucht.
Umgekehrt sieht also ein großer Teil der Eltern in der Krippe keine ideale Lösung. Es gibt nicht die Familie. Familie ist bunt und das soll sie auch sein können. Es sind deshalb ganz unterschiedliche Gründe, warum sich Eltern für eine Lösung jenseits der Krippen entscheiden:
Was antworten wir den Eltern, die Schicht- oder Spätdienst arbeiten und die deshalb auf eine privat oder familiär organisierte Betreuung gerade auch in diesen Zeiten angewiesen sind? Was antworten wir den Eltern, die sich über ihr drittes oder viertes Kind freuen und angesichts des Zeitbedarfs dieses Familienunternehmens Erwerbs- und Familienarbeit bewusst aufteilen wollen?
Was antworten wir den Eltern, deren Kind als Frühchen mit einem Handicap ins Leben startet, denen angesichts der Fülle von Arzt- und Frühförderterminen keine Wahl bleibt?
Diese Eltern sind auf Alternativen angewiesen, wir dürfen sie nicht im Regen stehen lassen!
Ein Krippenplatz entspricht einem Sachwert von rund 1.000 Euro monatlich, andere Betreuungslösungen wurden bislang weitestgehend als Privatangelegenheit der Eltern betrachtet. Diese Schieflage darf nicht noch weiter verstärkt werden. Der Ausbau eines bedarfsgerechten Kinderbetreuungsangebots für unter Dreijährige steht nicht in Konkurrenz zum Betreuungsgeld. Eltern brauchen beides.
Erfolgreiche Bildungsländer wie Finnland, Schweden oder Norwegen haben seit Jahren ein Betreuungsgeld für Eltern, die sich für ein anderes Modell entscheiden als für den öffentlich finanzierten Betreuungsplatz.
Auch Deutschland sollte seinen Familien mehrere Optionen bieten. Deshalb bitte ich Sie, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Vielen Dank!

18. Mai 2012

Meine Rede zum Betreuungsgeld im Bundesrat vom 11.05.2012


Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, den Entschließungsantrag des Landes Baden-Württemberg abzulehnen.

Das Betreuungsgeld ist unverzichtbar. Es erweitert die Gestaltungsspielräume für die Eltern von ein- und zweijährigen Kindern, die ab 2013 eben nicht einen Krippenplatz brauchen, die die Betreuung ihres ein- oder zweijährigen Kindes selbst leisten oder privat organisieren wollen.

Der Rechtsanspruch auf den Krippenplatz und das Betreuungsgeld gehören untrennbar zusammen. Das Betreuungsgeld wurde 2007 von der damaligen großen Koalition vereinbart und 2008 mit den Stimmen der SPD, Frau Kollegin Altpeter, im SGB VIII fixiert. Das war die Bedingung für die Einführung des Rechtsanspruchs auf den Krippenplatz ab dem 1. Geburtstag.

Nur im gemeinsamen Setting von Krippenausbau und Betreuungsgeld entsteht sinnvolle und zeitgemäße Familienpolitik. Eines allein wäre verfassungswidrig und gesellschaftspolitisch verfehlt.

Vielfalt statt Einfalt – das gilt doch auch in der Wirtschaftsförderung. Oder käme dort jemand auf die Idee, künftig nur noch eine bestimmte Gesellschaftsform zu fördern?

Auch wenn es von den Gegnern des Betreuungsgeldes und einem Großteil der Medien hartnäckig ignoriert wird – meistens, weil es ihnen ihre Story kaputt machen oder ihrer Argumentation den Furor nehmen würde: Das Betreuungsgeld wird weder an Erwerbstätigkeit noch an interne Aufgabenverteilung in der Familie geknüpft. Es spielt keine Rolle, ob Eltern die häusliche Betreuung ihres Einjährigen selber leisten oder sich dazu Unterstützung  organisieren. Es ist egal, ob sie arm oder reich sind. So ist es am 6. November 2011 von der Koalition festgelegt worden, und so wird es kommen. Schließlich steht der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz auch jedem zu, ob erwerbstätig oder nicht, ob Millionär oder alleinerziehende Kindergärtnerin.

Deshalb ist das Betreuungsgeld so enttäuschend unschuldig. Es ist tatsächlich der falsche Schauplatz für ideologische Grabenkämpfe. Man überfordert das Betreuungsgeld, wenn man es allein mit der Anerkennung von Erziehungsleistung auflädt, was manchem Befürworter im Eifer des Gefechts passiert. Niemand sollte die Qualität elterlicher Erziehungsleistung von der Wahl der Betreuungsform abhängig machen. Auch Krippeneltern erziehen selbstverständlich ihre Kinder gut und geben ihnen Zeit und Zuwendung. Gerade Kinder, die früh und lang in der Krippenbetreuung sind, brauchen übrigens besonders kompetente Eltern; denn Krippe kann im Einzelfall auch Stress sein. Daher ist es auch so unsinnig, wenn immer wieder thematisiert wird, dass Krippen Reparaturbetriebe für Elternversagen sein könnten.

Da das Betreuungsgeld weder an eine Einschränkung oder an einen Verzicht auf die Erwerbstätigkeit geknüpft ist noch eine Eigenbetreuung durch die Eltern voraussetzt – so ist es vereinbart -, gehen auch die rechtlichen Gutachten ins Leere, auf die sich der Entschließungsantrag von Baden-Württemberg stützt; denn sie gehen von diese unzutreffenden Prämissen aus.

Das Betreuungsgeld ist nicht nur nicht verfassungswidrig, sondern es ist im Lichte des massiven Krippenplatzausbaus und des Rechtsanspruchs ein Gebot im Sinne der Artikel 3 und 6 Grundgesetz.

Der Staat hat sich vorgenommen, der Gruppe von Eltern, die ein- und zweijährige Kinder zu betreuen haben, zu helfen; denn die Betreuung kostet in jedem Fall Zeit, und Zeit ist Geld. Der Staat sagt: Das ist jetzt eine öffentliche Aufgabe, wir wollen da helfen. Wir stellen eine Sachleistung zur Verfügung. Das ist der Krippenplatz, der den Steuerzahler 1.000 Euro im Monat kostet. Wer diesen nicht brauchen kann, der bekommt Bargeld, das deutlich niedriger ist.

Eine ähnliche Konstruktion haben wir in der Pflege. Dort kann man die Sachleistung, die Pflegeleistung in der Einrichtung wählen, oder man bekommt Pflegegeld als pflegender Angehöriger. Glücklicherweise käme niemand auf die Idee zu fragen, ob mit dem Pflegegeld richtig umgegangen wird, ob es dem zu pflegenden Angehörigen zugute kommt. Das sagt auch bei der Frage „Krippe oder Betreuungsgeld“ nur derjenige, der die Krippe für den besseren Weg hält.

Wir müssen endlich wegkommen von den Zeiten, da der Staat in Familien hineinregiert und durch Weichenstellungen schlechtes Gewissen erzeugen will, Eltern noch stärker verunsichert, statt sie zu stärken, zu ermutigen, zu stützen und auf sie zu bauen. Der kluge Staat tut das, weil er weiß, er wird nie in der Lage sein, ihre Leistung zu ersetzen. Der Staat kann nur Geld, aber nicht Elternliebe geben.

In der Diskussion ist oft die Frage zentral, ob die Krippe eine Bildungseinrichtung ist. Ja, sie ist eine Bildungseinrichtung, genauso wie jeder Umwelteinfluss Ein- und Zweijährige bildet; nein, wenn dieser Begriff unterstellen soll, was einmal so verheerend falsch formuliert wurde: Wer sein Kind nicht mit einem Jahr in der Krippe hat, lässt es Bildungschancen versäumen! Das war der Beginn einer ideologischen Aufladung der Debatte und Verunsicherung der Eltern unter Dreijähriger, ein Beginn der geradezu zwingend nach einer Balance durch ein Betreuungsgeld als notwendiges Gegenstück gerufen hat; denn Bildungsort Nummer eins ist die Familie.

Vor einigen Tagen wurden wir miteinander durch einen Artikel gegen das Betreuungsgeld strapaziert, der die Botschaft hatte, ein Betreuungsgeld wäre den Franzosen nie eingefallen. In der Tat wäre es den Franzosen nie eingefallen, Eltern, die ihr unter dreijähriges Kind zu Hause betreuen, mit nur 150 Euro abzuspeisen. In Frankreich gibt es ein Betreuungsgeld für die Betreuung zu Hause, das gestaffelt zwischen 323 und 563 Euro liegt, und wenn man mehr Kinder hat, geht es bis zu 805 Euro. Wenn man eine Kinderfrau einstellen will und nicht die Krippe in Anspruch nimmt, übernimmt der französische Staat die Sozialversicherungsbeiträge für die Kinderfrau. Die „SZ“ beschrieb bereits 2009 den Wandel der französischen Familienpolitik, Kinder aus der frühen Krippenbetreuung wieder zurück in die Familien zu holen, unter dem Titel „Ihr Kinderlein kommet zurück“.

Schweden, Norwegen und Finnland fällt es im Traum nicht ein, Eltern unter Dreijähriger mit 150 Euro abzuspeisen, wenn sie keinen Krippenplatz brauchen. Dort ist das Betreuungsgeld deutlich höher, allerdings – das ist richtig- vor allem interessant für Bezieher niedriger Einkommen. Der Grund dafür: Zum Beispiel in Schweden ersetzt das Elterngeld bis zu 90 Prozent des Lohns und ist so flexibel zu handhaben, dass die Eltern dort regelmäßig faktisch Auszeiten nehmen, bis die Kinder zwei Jahre alt sind. Die Krippen nehmen dort kein Kind, das unter eineinhalb Jahre alt ist.  

Ich danke an dieser Stelle einer wahlkämpfenden Sozialdemokratin, die kürzlich geoutet hat, worum es im Grunde geht, nämlich den Kita-Zwang. Da wird die Ideologie klar erkennbar. Das treibt auch die letzten Zweifler in unsere Reihen; denn wir wissen, dass zwei Drittel der jungen Eltern die Betreuung ihres einjährigen Kindes in dieser sensiblen Bindungsphase anders organisieren wollen als mit Krippen. Wir sagen: richtig so! Auch das wollen wir unterstützen.

Wir in Bayern – das ist aber auch bundesweit der Fall; ich finde, da redet man die Anstrengungen der Kommunen immer ein bisschen schlecht – haben eine Dynamik im Ausbau von Krippenplätzen, die sich sehen lassen kann.

Wir in Bayern geben momentan im Jahr über 1 Milliarde Euro nur an Betriebskostenförderung aus. Auf die 340 Millionen Euro, die der Bund nach Bayern gegeben hat, haben wir bis heute 700 Millionen für den Ausbau und die Betriebskostenförderung draufgelegt. Schön, dass Baden-Württemberg langsam auch hinterherkommt! Wir haben eine Bedarfsdeckung, die ihresgleichen sucht, und werden den Rechtsanspruch im nächsten Jahr flächendeckend erfüllen können, bis auf manche Großstädte, wo es noch ein bisschen uneinsichtige Oberbürgermeister gibt.

Wir wollen aber die zwei Drittel der Eltern stützen, die sich eine andere Lösung für ihre Kinder vorstellen, weil unser Menschenbild, unser Bild von der Gesellschaft so aussieht: Vielfalt fördern statt Einfalt. Alle Länder, die hohe Geburtenraten haben, fördern die Vielfalt der Familienentwürfe. Deswegen bitte ich um Ablehnung der Entschließung.

14. November 2011

Voraussetzungen und Ausgestaltung des Betreuungsgeld


Der Koalitionsausschuss hat am 6. November 2011 die Einführung des Betreuungsgeldes für Kinder im 2. und 3. Lebensjahr beschlossen. Das Betreuungsgeld soll ab dem 1. Januar 2013 zunächst in Höhe von 100 Euro monatlich für das 2. und ab dem Jahr 2014 in Höhe von 150 Euro für das 2. und 3. Lebensjahr des Kindes eingeführt werden.

Viele junge Eltern finden die Krippe für die sensible Bindungsphase von Ein- und Zweijährigen nicht ideal. Sie wünschen sich, die Betreuung persönlich leisten oder privat organisieren zu können, beispielsweise durch eine Tagesmutter oder familiennahe Bezugsperson. Das Betreuungsgeld soll ihnen dabei helfen. Ebenso wie der ab 2013 geltenden Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz für Ein- und Zweijährige unabhängig von Erwerbstätigkeit oder Einkommen garantiert wird, setzt auch das Betreuungsgeld keine Einschränkung der Erwerbstätigkeit oder soziale Bedürftigkeit voraus.

Das Betreuungsgeld ist eine Leistung, die Elternverantwortung und Wahlfreiheit stützt und stärkt. Es unterstützt junge Eltern dabei, den für sie und ihr Kind individuell passenden Familienentwurf zu leben. Es ist für die vollzeitbeschäftigte Führungskraft, die für ihr Einjähriges eine Kinderfrau engagiert, genauso gedacht, wie für die Krankenschwester, die zu ungünstigen Zeiten arbeitet und sich auf eine Tagesmutter verlässt, wie für den Hausmann, der sein Kleinkind selber betreuen will oder die Doppelverdiener, die die Großeltern einspannen!

Das Betreuungsgeld ist eine echte Bildungsinvestition: Die emotionale Sättigung und das Erleben sicherer Bindung in den ersten Lebensjahren ist die zentrale Grundlage für späteren Bildungserfolg. Langzeitstudien weisen nach, dass frühe Krippenbetreuung keine messbaren Bildungsvorteile, dafür aber möglicherweise Risiken für die emotionale Entwicklung mit sich bringen kann, daher gibt es keinen Grund für staatliche Einseitigkeit zugunsten von Krippen bei der Förderung von Betreuungsformen.

Laut einer Arbeit von Roisman et al. 2009 sind gerade für psycho-sozial belastete Kinder individualisierte Alternativen wichtig, also z.B. liebevolle Omas, Tanten, enge Freunde der Familie oder Pflegeeltern. Diese Kinder haben oft ein Defizit in der seelischen und emotionalen Reifung, und in dieser Kategorie werden sie in Krippen sogar zusätzlich belastet oder geschädigt (Roisman nennt dies "second hit").

Keine Konkurrenz zum Bayerischen Landeserziehungsgeld:

Das Landeserziehungsgeld hat nichts mit der gewählten Betreuungsform zu tun sondern stellt eine Sozialleistung dar, die an niedrige Einkommen von Familien anknüpft.

Es schließt unmittelbar an das Bundeselterngeld an und deckt die durch den Verzicht oder die Reduzierung der Erwerbstätigkeit entstehende Einkommenslücke teilweise ab. Die Einkommensgrenzen betragen 25.000 Euro für Paare, 22.000 Euro für Alleinerziehende.

Das Landeserziehungsgeld ist nach der Zahl der Kinder gestaffelt: 1. Kind 150 Euro für 6 Monate, 2. Kind 200 Euro für 12 Monate, 3. Kind 300 Euro für 12 Monate.

Fazit: Die beiden Leistungen verfolgen unterschiedliche familienpolitische Ziele und stehen nicht in Konkurrenz zueinander, sondern ergänzen sich im Bedarfsfall. Durch dieses Zusammenspiel können Familien gestärkt und Kinder in ihrer Entwicklung bestmöglich gefördert werden.

18. September 2010

Solidarität unter Bürgern


Veröffentlicht in der Tageszeitung „DIE WELT“ vom 18.09.2010 unter der Überschrift:

Verantwortung nicht abgewöhnen

Das Bewusstsein, dass es "gerecht" zugeht, hat unmittelbaren Einfluss auf Zusammenhalt und Solidarität, es ist ein zentraler Stabilitätsfaktor einer Demokratie. Gerechtigkeit entsteht im Spannungsfeld von Freiheit und Verantwortung. Und Verantwortung braucht Rahmen und Raum. Zum Beispiel bei der Elternverantwortung: Gutscheine für die Kinder arbeitssuchender Eltern bevormunden alle, nur weil Einzelne sich verantwortungslos verhalten, und wirken damit kontraproduktiv. Wie beim Betreuungsgeld gilt auch hier: Eltern eine Aufgabe nicht zuzutrauen, die originär in ihren Verantwortungsbereich gehört, führt zu ihrem Rückzug aus dieser Aufgabe.

Gerechtigkeit heißt aber auch: Wo sich der Einzelne nicht aus eigener Kraft helfen kann, muss Solidarität so umgesetzt werden, dass mit den Geldern des Steuerzahlers verantwortungsvoll umgegangen wird. Dazu gehört, dafür zu sorgen, dass jeder, der staatliche Hilfe bekommt, Verantwortung dafür übernimmt, sich seinerseits solidarisch zu verhalten. Konkret: Er hat alle gebotenen Anstrengungen zu unternehmen, um schnellstmöglich wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Sozialleistungen sind keine Daueralimentation, sondern bieten ein "Gästezimmer" auf Zeit. Wer von seinen Mitbürgern finanziell unterstützt wird, hat selbstverständlich jeden Arbeitsplatz anzunehmen - auch wenn er damit manchmal finanziell zunächst kaum besser dasteht als im Transferbezug. Und gerade der, der auf Kosten der Gemeinschaft lebt, hat schnellstens unsere Sprache zu lernen und steht für seine und die Integration seiner Familie in der Verantwortung.
Ich bin überzeugt, dass jeder bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Das Verantwortungsbewusstsein unserer Bürger ist aber dennoch ein kostbares Gut, mit dem wir sorgsam umgehen müssen. Im politischen Alltag ist die Versuchung groß, Lösungen abzunicken, die zwar möglicherweise pragmatisch sind, aber fatale Signale aussenden, weil sie den Verantwortungsraum einschränken, statt ihn zu schützen. Nichts untergräbt ein Klima der Eigenverantwortung so gründlich wie ein bevormundender Staat. Wer Verantwortungsvolle bevormundet und bei denen, die unsere Solidarität erfahren, keine Eigenverantwortung einfordert, stört das Gerechtigkeitsgefühl der Bürger. Der Staat hat den Bürgern in zu vielen Bereichen die Eigenverantwortung abgewöhnt. Bürgerliche und christlich-soziale Politik muss jetzt auf den Rückgewinn der Verantwortung setzen.


Ihre Meinung interessiert mich!
christine.haderthauer@googlemail.com

16. August 2010

Ein Tandem für die Bildung



Veröffentlicht in der FAZ vom 16.08.2010 in der Rubrik "Fremde Federn" unter der Überschrift:
Gemeinsame Verantwortung für Bildung.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Bildungsteilhabe von Kindern im Sozialgeldbezug soll nach Überlegungen von CDU- und FDP- Politikern mit einem Gutschein- oder Chipkartensystem in den Alltag umgesetzt werden. Die Begründung, nur so komme die Leistung auch tatsächlich beim Kind an, lässt tief blicken. Da ist die Annahme zu erkennen, dass der Einzelne, hier also die Eltern, grundsätzlich weniger verantwortungsvoll handeln als der Staat. Das ist ein politischer Paradigmenwechsel! Er bedeutet eine Abkehr von bürgerlichem Politikverständnis, das regelhaft und primär das Prinzip der Eigenverantwortung über die Staatsbevormundung setzt. Bürgerliche Politik setzt auf Verantwortung, honoriert sie, fordert sie ein. Ausgangspunkt und Adressat politischer Maßnahmen ist der Verantwortungsbewußte, nicht der Verantwortungslose! Zur Verantwortung gehören Freiheit und Zutrauen. Gutscheine enthalten Einschränkung und Misstrauen. Die Antwort auf Verantwortungslosigkeit Einzelner darf nie die Kollektivbevormundung sein. Stattdessen braucht es zielgenaue Impulse, damit Verantwortung auch von allen wahrgenommen wird.
Wer Eltern über Gutscheine entmündigt, darf nicht klagen, wenn Elternverantwortung auch anderswo immer mehr schwindet. Dieser Kollateralschaden liefert zugleich den Vorwand für weitere Eingriffe des bevormundenden Staates. Ein Teufelskreis, den wir nur beenden können, wenn wir konsequent auf bürgerliche Werte setzen.
Was heißt das im Einzelnen? Bildung gelingt nicht ohne die Eltern! Die Voraussetzungen für Bildungserfolg sind Bindung und Erziehung. Hierbei sind Eltern nicht zu ersetzen! Ihre Bedeutung, ihre persönliche Verantwortung muss bewußt gemacht und eingefordert werden, anstatt Eltern zu Gutscheinempfängern zu degradieren und sie damit wie unmündige Störenfriede im Leben und Lernen ihres Kindes zu behandeln.
Eltern und Staat bilden ein Verantwortungstandem für die Bildung mit ineinandergreifenden und aufeinander aufbauenden Anteilen an der Verantwortung und mit Einrichtungen von der Kindertagesstätte bis zur Schule, der beruflichen Bildung bis zur Hochschule. Ob Kinder darüber hinaus in den Genuss von Sport – oder Musikangeboten, Nachhilfe, Schwimmbad – oder Museumsbesuchen kommen, hängt vom Einsatz und den Möglichkeiten ihrer Eltern ab. Hartz IV- Eltern wurde dafür bisher kein Geld zur Verfügung gestellt. Bürgerliche Politik muss diese Eltern in die Lage versetzen, ihre Verantwortung mit der gleichen Wahlfreiheit für ihre Kinder, die arbeitende Eltern auch haben, wahrzunehmen. Das bedeutet, dass der Bildungsbedarf als Geldleistung zur Verfügung gestellt werden muss. Damit folgt die Gewährleistung des Kinderbedarfs folgerichtig der Grundentscheidung von Hartz IV für Eigenverantwortung, also für Pauschalen und gegen Bezugsscheine. Alles andere wäre ein verheerendes Signal. Das wäre durch nichts zu rechtfertigen: nicht durch zustimmende Meinungsumfragen und auch nicht durch die Aufzählung von Negativbeispielen.
Ignorieren kann und soll man Verantwortungslosigkeit, die auch in Familien stattfindet, keinesfalls, aber mit einer Generalbevormundung zu antworten wäre verhängnisvoll. Das Hauptanliegen der Gutscheinbefürworter, nämlich sicherzustellen, dass Kinder an Bildungsangeboten auch tatsächlich teilnehmen, wird mit Gutscheinen nicht gelöst. Gutscheine wirken bestenfalls defensiv - sie verhindern allenfalls, dass das Geld für was „Anderes“ ausgegeben wird, als für den im staatlichen Positivkatalog aufgenommenen Bildungsanbieter. Aber auch auch ein Gutschein kann im Einzelfall elterliche Gleichgültigkeit oder Verantwortungslosigkeit nicht beheben.
Das Ziel muss sein, Elternverantwortung wirksam zu aktivieren. Das gelingt nur, wenn man die Eltern mitnimmt und das Verantwortungstandem nachbildet. Bei arbeitssuchenden Eltern ist zum Beispiel eine neue vernetzte Herangehensweise der Jobcenter eine sinnvolle Lösung. Gemeinsam mit weiteren Akteuren, die mit Familien zu tun haben, wird nicht nur der Arbeitssuchende, sondern die ganze Familie in den Blick genommen. In einer erweiterten Eingliederungsvereinbarung klärt man gemeinsam mit den Eltern – auf gleicher Augenhöhe und verbindlich -, welche Bildungsangebote für ihre Kinder in Frage kommen und wie sie im Alltag verwirklicht werden können. Bei Bedarf muss der Sozialleistungsträger beim Bildungsträger nachfragen können, ob das Angebot tatsächlich in Anspruch genommen wird. Damit wird die Einhaltung der „Familienvereinbarung“ überprüft und notfalls nachhaltig eingefordert. Auch eine Direktzahlung des Beitrags an den Bildungsträger muß in Ausnahmefällen möglich sein. So kann gezielt auf Problemfälle reagiert werden, ohne das Prinzip der Eigenverantwortung auszuhebeln. Nur so wird Elternverantwortung wirksam zugeordnet, aktiviert und eingefordert. Damit werden abstrakte Möglichkeiten zu tatsächlichen Bildungschancen. Mit Eltern geht vielleicht nicht alles. Ohne Eltern geht nichts!

Ihre Meinung interessiert mich!

23. Juni 2010

Gleichberechtigung ist Mehrwert denn Frauen sind anders gut!
Wir feiern dieses Jahr 20 Jahre Einsatz unserer kommunalen Gleichstellungsbeauftragen in Bayern für Chancengerechtigkeit von Frauen und Männer ein. Mit ihrer Hilfe haben die bayerischen Kommunen viel geschafft: Immer öfter werden in unseren Kommunen auch Führungspositionen in Teilzeit besetzt, die Möglichkeiten für Wohnraum- und Telearbeit ausgebaut und der Frauenanteil im öffentlichen Dienst in Bayern beträgt insgesamt 55,8%. Die Rahmenbedingungen für Gleichberechtigung und Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit sind im öffentlichen Dienst in Bayern besser als in den meisten Unternehmen. Dennoch gibt es noch viel zu tun. Der öffentliche Dienst nimmt eine wichtige und signalgebende Vorreiterrolle ein. Was dort heute vorgemacht wird, wird morgen in die Unternehmenskultur einziehen. Wichtigste „Baustelle“ dabei ist der Kopf.

Die Forderung nach Gleichberechtigung kommt schon lange nicht mehr aus der „Bedürftigkeitsecke“ sondern entspricht dem gesunden Menschenverstand. Frauen haben andere Lebensentwürfe und andere Sichtweisen. Kein Beruf und kein Thema hat es verdient nur einem Geschlecht überlassen zu werden. Frauen sind anders gut als Männer. Daher sind sie auch mit den besten Männern nicht aufzuwiegen.

Klar ist: Gleichberechtigung und Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit hängen eng zusammen, besonders hierzulande, wo beide Geschlechter konventionellerweise die Vereinbarkeit und die Verantwortung für Familienmanagement zu einseitig bei der Mutter verorten.

Doch die Zukunft braucht neben ganzen Frauen auch ganze Männer. Die Rahmenbedingungen müssen sich endlich so ändern, dass Familienleben ein Männerthema wird und in die Chefetagen einzieht. Der ganze Mann will Verantwortung im Beruf nicht mehr um den Preis des Verlustes an Familienleben bezahlen müssen. Wer veralteten Rollenbildern nachhängt, muss sich nicht wundern, wenn junge talentierte Frauen und Männer dorthin gehen, wo Familie und Erwerbstätigkeit nicht länger gegeneinander ausgespielt werden.

Ihre Meinung dazu interessiert mich!